Wie soll ich reagieren?
Wie kann man wissen, dass ein leidender Mensch an Suizid denkt, um der Verzweiflung, in der er lebt, zu entkommen? Gibt es Anzeichen, die darauf hinweisen können, dass ein Mensch daran denkt, sein Leben zu beenden? Wie können wir verstehen, was ein Mensch durchmacht, der an Suizid denkt? Wie soll man reagieren, wenn man gemerkt hat, dass ein Mensch sein Leben beenden will?
Um diese Fragen zu beantworten, ist es wichtig, die psychische Dynamik zu verstehen, in der sich ein suizidgefährdeter Mensch befindet. Die ersten Anzeichen sind oft die erste Phase dieser Dynamik. Unter dem Link Suizid verstehen, können Sie mehr über die Phasen erfahren, die auf diese Anzeichen folgen.
Die ersten Anzeichen
Die meisten Menschen, die an Suizid denken, geben erste Warnsignale von Verzweiflung zu erkennen. Durch zahlreiche statistische und epidemiologische Studien konnte die Suizidalität in verschiedenen Bevölkerungskategorien ermittelt werden. Ausgehend von diesen Studien war es möglich, soziologische Schlussfolgerungen zu ziehen und erste Anzeichen der Suizidgefährdung zu bestimmen.
Es soll betont werden, dass das Vorhandensein eines oder mehrer Anzeichen ein Hinweis darauf ist, dass etwas nicht stimmt, und damit auch das Risiko besteht, dass die Person sich suizidiert. Wenn erste Anzeichen beobachtet werden, ist es wichtig, mit der Person darüber zu sprechen, um sich zu vergewissern, dass sie sich nicht suizidiert.
Man unterscheidet 5 Typen von Warnsignalen: 1) psychologische Anzeichen, 2) biologische Anzeichen, 3) direkte Botschaften 4) indirekte Botschaften und 5) Handlungen und Verhaltensweisen, die eine zukünftige Suizidhandlung ankündigen können.
Psychologische Anzeichen
- Depressiver Zustand
- Gefühl von Verzweiflung, Traurigkeit, Pessimismus, Weinen
- Tiefe Traurigkeit, Melancholie
- Geringe emotionale Kontrolle
- Verlust an Interesse, Freude und Lust auf irgendeine Aktivität
- Rückgang des Selbstwertgefühls
- Verschwinden der sexuellen Lust
- Konzentrations- und Gedächtnisschwierigkeiten
- Ängstlichkeit, Angstzustände, Angst
- Aggressivität, Wut
- Zeitweilige Phobie
- Stimmungsschwankungen
- Schuldgefühle
- Unfähigkeit, Pläne zu machen
Biologische Anzeichen
- Essstörungen (Appetitverlust oder Bulimie)
- Gewichtverlust
- Verlust der Muskelspannung
- Ungewöhnliche Müdigkeit
- Schlafstörungen (Schlaflosigkeit oder gesteigertes Schlafbedürfnis)
- Unterschiedliche körperliche Beschwerden
Direkte Botschaften
- Ich will sterben, ich will Schluss machen.
- Das Leben bedeutet mir nichts mehr, es bringt mir nichts mehr, wozu soll ich weiter leben?
- Das Leben sagt mir nichts.
- Ich wäre besser tot.
- Das Leben ist eine Last.
- Ich werde mich umbringen.
- Ich werde das nicht überstehen.
- Ich belästige euch nicht länger, ihr habt bald eure Ruhe.
Indirekte Botschaften
- Bald werde ich Frieden haben.
- Ich gehe auf eine lange Reise.
- Ich habe mein Testament gemacht.
- Ich bin nutzlos, nichts gelingt mir, ich enttäusche alle, ich bringe Unglück.
- Ich bin in einer Sackgasse, es gibt keine Hoffnung mehr, es ist ausweglos.
- Ich habe keinen Platz in der Gesellschaft.
- Was muss ich tun, um meinen Körper der Wissenschaft zu überlassen?
- Ich finde es mutig, wenn sich jemand suizidiert.
- Ohne mich wird es euch besser gehen.
- Ich zähle für niemanden mehr.
- Ich habe alles im Leben vermasselt, es hat keinen Sinn mehr.
- Danke für das, was du für mich getan hast.
Handlungen und Verhaltensweisen
- Lesen über Suizid und Tod, Interesse für Tod und Jenseits
- Ein früherer Versuch
- Aufsetzen eines Testaments
- Überraschendes Verschenken von Wertgegenständen: Gitarre, Mofa, Surfbrett, usw.
- Sich isolieren, Rückzug, Aufgabe von Aktivitäten
- Spontane Verbesserung der Stimmung
- Plötzliche Gelassenheit
- Frieden schließen mit dem Umfeld
- Ungewöhnliche Aggressivität
- Plötzliches Interesse für eine Reise, für Waffen, Medikamente, usw..
- Sich gehen lassen (Hygiene, Kleidung)
- Rückgang der schulischen Leistungen oder im Gegenteil übermäßiger Einsatz begleitet von Stress und Angst
- Fehlen in der Schule, von zu Hause ausreissen
- Alkohol-, Tabak-, Drogen-, Medikamentmissbrauch...
- Übertriebenes Eingehen von Risiken
Wie soll ich auf diese Zeichen reagieren?*
Zuhören, ohne versuchen, zu verstehen:
Es ist besser, dem verzweifelten Menschen zuzuhören, ohne dabei zu versuchen, ihn zu verstehen. Das Leid, das er empfindet, kann Außenstehenden harmlos oder unbegründet erscheinen, aber es ist trotzdem vorhanden. Wenn man einem verzweifelten Menschen zuhört, sollte man den eigenen Erfahrungshintergrund beiseite legen.
Sich einfach und direkt ausdrücken:
Wenn man sich einem suizidgefährdeten Menschen gegenüber einfach und direkt ausdrückt und sich nicht scheut, das Wort „Suizid“ zu verwenden, kann ihm das helfen, sich in seinem Leid verstanden zu fühlen. Es kann hilfreich sein, ihm zu sagen, dass er im Vertrauen mit Ihnen sprechen kann, und dass Sie das Ihnen Mögliche tun werden, um ihm zu helfen.
Zeigen, dass er / sie einem wichtig ist:
Es ist wichtig, dem suizidgefährdeten Menschen zu zeigen, dass er uns wichtig ist, dass er für uns zählt. Es ist notwendig, ihm klar zu machen, dass er sich nicht umzubringen braucht, um unsere Aufmerksamkeit zu erhalten.
Den Grad der Entschlossenheit zu ermitteln :
Die Ermittlung des Entschlossenheitsgrads hilft herauszufinden, ob Handlungsbedarf besteht oder nicht. Unter dem Link „Suizid verstehen“ erläutern wir Ihnen, dass umso mehr Eile geboten ist, je konkreter die Suizidhandlung im Kopf der Person ist (auf welche Weise, wann, wo, um welche Zeit, usw.) Wenn die Person nur sporadisch Suizidideen hat und nicht sehr entschlossen erscheint, kann man versuchen, sie zur Inanspruchnahme von telefonischen Hilfsdiensten oder von Beratungsdiensten zu bewegen. Wenn man jedoch bemerkt, dass die Suizidideen sich wiederholen, muss man sie unverzüglich zu einem Spezialisten schicken. In diesem Fall sind die Bereitschaftsdienste am besten geeignet.
Die Fähigkeiten der Person wertschätzen:
Ein Mensch, der an Suizid denkt, befindet sich oft in einer Phase der Selbstabwertung: „Ich vermassele alles, was ich mache.“, „Ich bin eine Null!“, „Ich tauge nichts.“, usw. sind oft gehörte Sätze. Es kann hilfreich sein, das Selbstwertgefühl der Person zu steigern, indem man sie an ihre Erfolge, ihre Fähigkeiten, an alles, was sie bisher geleistet hat, erinnert. Sie daran zu erinnern, wie sie in der Vergangenheit Probleme bewältigt hat, kann ihr ebenfalls helfen, sich wertvoll zu fühlen.
Herauszufinden, was die Person mögen könnte:
Es kann hilfreich sein, Aktivitäten vorzuschlagen, die die Person mag oder mochte, bevor sie in diesen Zustand kam. Sport treiben, eine Vereinstätigkeit aufnehmen, oder eine spielerische Aktivität können dazu beitragen, dass die negativen Gedanken verschwinden, und sei es nur für einen kurzen Moment.
Dazu ermutigen, unter Menschen zu gehen:
Es kann hilfreich sein, die Person dazu einzuladen, unter Menschen zu gehen. Sie soll es aber nach ihrem eigenen Rhythmus und ohne Zwang machen können.
Die Person im Alltag unterstützen:
Es kann sinnvoll sein, die Person in ihrem Alltag zu unterstützen, jedoch ohne ihr alles abzunehmen. Es geht hier mehr darum, die Dinge gemeinsam zu tun.
Versuchen, den Konsum von Alkohol oder anderen Drogen zu verringern und die Lagerung von Medikamenten beaufsichtigen:
Lassen Sie die Person keine großen Medikamentenvorräte anhäuft. Werfen Sie Medikamente weg, die nicht mehr verwendet werden. Verfahren Sie ebenso mit Alkohol oder anderen psychoaktiven Substanzen.
Eventuell vorhandene Waffen sichern:
Für eventuell vorhandene Feuerwaffen gilt dasselbe wie für Alkohol und andere Drogen. Entladen Sie diese und halten Sie Waffen und Munition unter Verschluss.
Aufmerksam sein für bestimmte Tage:
Bestimmte Tage können gefährlich sein und das Suizidrisiko erhöhen, wie z.B. der Geburtstag der Person, der Jahrestag eines Todesfalls oder eines anderen Ereignisses, das für die Person wichtig ist.
Was man vermeiden sollte!
Verharmlosen:
Es ist besser, folgende Sätze zu vermeiden: „Du wirst sehen, das vergeht mit der Zeit.“ oder „Man bringt sich nicht wegen so einer Kleinigkeit um.“, usw. Verharmlosen kann dazu führen, dass der verzweifelte Mensch sich zurückzieht, weil er sich in seinem Leiden unverstanden und zurück gewiesen fühlt. Er wird lieber nichts sagen als sich eine Blöße zu geben.
Dramatisieren:
Es ist besser, die Situation nicht zu dramatisieren, denn dies könnte die Idee verstärken, das Problem sei unlösbar und der Suizidsei der einzige Ausweg.
Beurteilen, moralisieren, kritisieren:
Es ist besser Sätze zu vermeiden, wie: „Suizid ist feige“, „Hast du an deine Familie gedacht?“ usw. Dadurch könnte der verzweifelte Mensch Schuldgefühle bekommen und sein bereits bedenklicher Zustand verschlimmert sich noch.
Glücksrezepte verordnen:
Es ist besser, Rezepte für Glück, die vielleicht für Sie, aber nicht unbedingt für den Anderen, hilfreich sind, zu vermeiden. Denken Sie außerdem daran, dass Ihre Glücksrezepte zweifellos funktionieren, solange es Ihnen gut geht, aber dass sie deutlich weniger helfen, wenn es Ihnen schlecht geht.
Alles übernehmen:
Es sollte vermieden werden, der verzweifelten Person alles abzunehmen. Sie könnte dadurch das Gefühl bekommen nutzlos zu sein.
Auf alles eine Antwort haben:
Einem verzweifelten Menschen sollte man besser nicht das Gefühl geben, dass man alles besser weiß als er. Dadurch könnte er sich unterlegen fühlen, was das geringe Selbstwertgefühl, das ihm bleibt, zerstören würde.
Sagen, dass man am Leben festhalten muss :
Es ist besser solche Sätze zu vermeiden. Sie könnten als Kritik verstanden werden, dass der Betroffene bisher nicht ausreichend am Leben festgehalten hat, was seine Schuldgefühle noch verstärken würde.
Sich selbst als Beispiel anführen:
Es ist besser, sich nicht als Beispiel zu nennen, da Ihre Probleme sicherlich nicht mit den Problemen der verzweifelten Person identisch sind. Sich selbst als Beispiel zu nennen bedeutet außerdem, sich als dem anderen überlegen zu betrachten, und dadurch wird das Selbstwertgefühl der Person angetastet.
Die Person allein lassen:
Es ist wünschenswert, die Isolation der verzweifelten Person zu durchbrechen. Unternehmen Sie etwas mit ihr, finden Sie Vertrauenspersonen und spannen Sie andere Freunde und Angehörige mit ein.
Versprechungen machen, die man nicht halten kann:
Es ist besser Sätze zu vermeiden, wie: „Du kannst mich jederzeit anrufen.“, „Ich bin immer für dich da.“, usw. Auch wenn diese Sätze für den leidenden Menschen beruhigend klingen, können sie nicht eingehalten werden, denn niemand kann rund um die Uhr verfügbar sein. Wenn sie einmal nicht erreichbar sind oder keine Zeit haben, kann die verzweifelte Person es dann als Verrat empfinden.
Das Geheimnis bewahren:
Es ist besser, aus der Suizidgefährdung der Person kein Geheimnis zu machen. Erklären Sie ihr, dass Sie sie nicht verraten wollen, aber dass Sie besorgt sind und deshalb mit anderen darüber sprechen müssen, ob es sich dabei um Fachleute handelt oder nicht.
*Diese wertvollen Informationen stammen aus dem hervorragenden Buch zum Thema von Pierre Satet (siehe Literaturtipps).